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Forstmesse für Profis und Laien – Eröffnungsrede Daniel Fässler

Es ist höchste Zeit, dass sich die Profis aus der Schweizer Wald- und Holzwirtschaft wieder hier in Luzern treffen und sich auch mit anderen Besucherinnen und Besuchern austauschen können.

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Gesprächsstoff gibt es genug. Seit der letzten Forstmesse von 2019 mussten wir eine weltweite Pandemie erleben. Der Handel mit Baustoffen und damit auch der Import von Holzprodukten in die Schweiz wurden während der Pandemie teilweise erschwert. Nach dem am 24. Februar 2022 eröffneten, militärischen Angriff von Russland auf die Ukraine mussten wir leider zur Kenntnis nehmen, dass die nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion in Osteuropa aufgebaute Friedensordnung nicht mehr für alle gilt. Dass der brutale Angriffskrieg auf die Ukraine gewisse Lieferketten beeinträchtigt, wissen wir alle, auch wenn niemand gerne darüber spricht. Und dass die 1856 durch Alfred Escher als «Schweizer Kreditanstalt» gegründete Credit Suisse durch den Staat und die grösste Konkurrentin UBS vor dem Konkurs gerettet werden muss, hätten wir vor vier Jahren auch nicht erwartet.

Doch dies alles wird an der Forstmesse – wenn überhaupt – nur am Rande ein Thema sein. Die Forstmesse gibt den über 200 Ausstellern die Möglichkeit, ihre Neu- und Weiterentwicklungen zu präsentieren und Trends in der Holzerntetechnik und Forstlogistik aufzuzeigen. Ohne Aussteller gäbe es keine Forstmesse. Ich möchte daher an dieser Stelle allen Ausstellern ganz herzlich für die Teilnahme und das grosse Engagement für die Waldwirtschaft danken. Ein besonderer Dank gebührt den drei Presenting Partnern, den Firmen Stihl, Starco und Alliance sowie dem Messeveranstalter, den ZT Fachmessen unter der Leitung von André Biland und Andreas Hauenstein.

 

Gestern habe ich mit der Post diesen Werbeflyer erhalten, auf dem mit dem Slogan „Unsere Reiniger holen die Frische des Waldes ins Bad.“ und dem Hashtag #waldverliebt für Reinigungsprodukte geworben wird. Dies ist nur ein Beispiel unter vielen. Denn für den Wald bzw. noch mehr mit dem Wald wird in allen möglichen und auch unmöglichen Zusammenhängen Werbung gemacht. Nun, dass mit dem Wald Werbung gemacht wird, zeigt, dass die Bevölkerung den Wald positiv wahrnimmt. Dies erleichtert jenen die Arbeit, die professionell im Wald oder für den Wald arbeiten. Doch es gibt auch Kehrseiten. Jede Anspruchsgruppe hat heute eine eigene Vorstellung davon, wie der Wald aussehen soll oder gepflegt werden muss, um die eigenen Bedürfnisse zu befriedigen. 

 

Dass Waldpflege und Waldnutzung in erster Linie Sache der Waldeigentümerinnen und Waldeigentümer ist, wird gerne ausgeblendet oder noch schlimmer: man weiss es nicht. Dies musste ich vor Kurzem im Bundeshaus bei einem Gespräch feststellen. In diesem Gespräch erklärte ich den positiven Einfluss der Waldpflege und Waldnutzung auf die Biodiversität und merkte dabei an, dass rund 20 Prozent der schweizerischen Waldfläche in den letzten 50 Jahren nicht bewirtschaftet wurden und somit de facto Waldreservate seien. Mein Gesprächspartner reagierte darauf mit der Frage, weshalb denn nicht der Bund diese Flächen bewirtschafte. Als ich ihn dann etwas erstaunt – oder sagen wir irritiert – anschaute, stellte er mir folgende Frage: „Herr Fässler, aber es ist doch schon so, dass alle Wälder in der Schweiz dem Bund gehören und den Bewirtschaftern nur ausgeliehen werden?“ Sie können sich vorstellen, dass das Gespräch nachher etwas länger dauerte, weil ich in aller Freundlichkeit Einiges zu erklären hatte. Zur Ehrenrettung meines Gesprächspartners: Dieser zeigte sich danach sehr interessiert und stellte noch unzählige weitere Fragen. Ich hoffe, meine Antworten seien auch angekommen.

 

Diese Reminiszenz zeigt, welche Chancen die Forstmesse bietet. Sie dient selbstverständlich und in erster Linie dem Austausch unter Profis, seien sie Anbieter oder Nutzer. Doch, wenn es nebenbei gelingt, auch Laien zu begeistern und zu informieren, ist zusätzlich ein weiteres Ziel erfüllt. Für mich steht dabei die Sensibilisierung der Bevölkerung für die Wichtigkeit der Nutzung des Waldes im Vordergrund. Es gibt in der Schweiz zunehmend grössere Bevölkerungskreise, die aus guten Treuen der Meinung sind, der Natur, der Biodiversität und dem Klima sei am besten gedient, wenn ein Wald sich selber überlassen wird und so in ferner Zukunft in einen Zustand des „Ur-Waldes“ zurückgeführt wird. Die Realität ist eine andere. Gut und richtig informierte Bevölkerungskreise wissen, dass der Wald die vielfältigen, von der Gesellschaft erwarteten Leistungen dann am besten erfüllen kann, wenn er bewirtschaftet wird. Ohne Eingriffe gibt es keinen funktionsfähigen Schutzwald, in Zeiten des Klimawandels und bei grossen Wildschäden erst recht nicht. Ohne Eingriffe kann ein Wald die Erholungsfunktion nicht gewährleisten – wer dies nicht glaubt, dem empfehle ich jeweils, einmal einen seit Jahrzehnten sich selbst überlassenen Wald zu begehen. Dass die Klimafunktion des Waldes dann optimal gelingt, wenn der Wald gezielt bewirtschaftet wird, ist inzwischen fast überall angekommen. Dass auch die Biodiversität von pflegerischen Eingriffen profitiert, ist offenkundig und ist immer mehr anerkannt – alle anderen empfehle ich jeweils eine Wanderung zu einem dunklen Nadelholzwald ohne Bodenvegetation. Wenn an der Forstmesse auch solche Zusammenhänge vermittelt werden können, freut mich das.

Wer wie die Forstprofis fast täglich im Wald ist, braucht diese Informationen nicht. Diese Haupt-Zielgruppe der Forstmesse wird sich vor allem dafür interessieren, wie die neuste Technik zur Waldbewirtschaftung aussieht. Wenn sich daraus neue Geschäftsbeziehungen zwischen Ausstellern und Messebesuchern ergeben oder Bestellungen getätigt werden, ist das Haupt-Ziel der Messe erreicht.

In diesem Sinne wünsche ich den Verantwortlichen und Ausstellern viel Erfolg und erkläre in meiner Funktion als Patronatspräsident die 26. Forstmesse als eröffnet.

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