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«Schweizer Wälder werden künftig wieder mehr genutzt»

Ständerat Daniel Fässler (Die Mitte) ist seit 2017 Präsident von WaldSchweiz. Zeit, ein Fazit zu ziehen. Wie hat sich der Verband seit seiner Übernahme des Präsidiums gewandelt? Und welche politischen Ziele wurden erreicht, und wo besteht noch Handlungsbedarf? – Florian Landolt

Herr Fässler, bei Mitgliedern des nationalen Parlaments ist die Agenda besonders voll. Wie finden Sie trotzdem freie Termine für WaldSchweiz?

Daniel Fässler (lacht): Ich kann mich sehr gut erinnern, als ich 2015 angefragt wurde, das Präsidium von WaldSchweiz zu übernehmen. Meine spontane Reaktion war, aus zeitlichen Gründen Nein zu sagen. Nachdem die Findungskommission gute Überzeugungsarbeit geleistet hatte, stellte ich mich an der Delegiertenversammlung 2016 zur Wahl. Ich wusste damals bereits, dass ich auf die Landsgemeinde 2019 als Landammann von Appenzell Innerrhoden zurücktreten würde. Da ich gleichzeitig vom Nationalrat in den Ständerat wechseln konnte, bleibt es eine ständige Herausforderung, die nötigen Zeitfenster zu finden. Denn das Ständeratsmandat ist nahe an einem Vollamt und nicht immer planbar. Aber wenn man für ein Thema Leidenschaft und Freude mitbringt, findet sich immer ein Plätzli in der Agenda.

 

Unter welchen Vorzeichen haben Sie 
das Präsidium von WaldSchweiz über­nommen?

2015 wurde das Waldgesetz revidiert. Bereits in der vorberatenden Kommission des Nationalrates hatte ich mich stark für die Interessen der Waldeigentümer engagiert. Ich wollte sicherstellen, dass die Nutzung des Waldes und die Verwendung von Schweizer Holz wieder an Bedeutung gewinnt. So wurde auch WaldSchweiz auf mich aufmerksam. Mit dem Wald bin ich seit Kindsbeinen verbunden, da ich in einer Sägerei aufgewachsen und Waldeigentümer bin. WaldSchweiz habe ich in einem gut aufgestellten Zustand angetroffen. Die Verbandsarbeit wurde gut erledigt. 

 

In der Parlamentsdebatte 2015 stand die Nutzung von Schweizer Holz nicht im Zentrum?

Doch. Denn mit der Waldpolitik 2020 wurde die vermehrte Nutzung von Holz aus Schweizer Wäldern angestrebt. Aber im Parlament treffen immer verschiedene Interessen aufeinander. Es gab Leute, die das Gefühl hatten, die Nutzung des Waldes gefährde die Biodiversität. Doch eine Mehrheit erkannte das Problem und verpflichtete den Bund zur Förderung von nachhaltig produziertem Holz, in der Überzeugung, damit sei Schweizer Holz gemeint.

Mit einem neuen Präsidium geht oft ein Strategiewechsel einher. Welches waren Ihre wichtigsten Impulse?

Ich bin nicht der Typ Mensch, der das Gefühl hat «Jetzt bin ich hier und jetzt muss alles anders werden». Entsprechend beobachtete ich zuerst und versuchte, die Herausforderungen und Bedürfnisse der Waldeigentümerinnen und Waldeigentümer besser zu erkennen.

Wo sind in der Öffentlichkeit falsche Wahrnehmungen und Erwartungen vorhanden, wo hapert es? 

An der nötigen Zeit. Dabei gewann ich die Überzeugung, dass eine Schärfung des Profils und eine Konzentration auf Kernanliegen nötig ist. Politische Chancen sind besser zu packen, die Kontakte zu den Mitgliederverbänden, ins Parlament, in die Verwaltung und zu den Kantonen zu intensivieren.

 

Seit Ihrer Wahl sind knapp fünf Jahre vergangen. Was ist gelungen?

WaldSchweiz ist sichtbarer geworden. Die Parlamentarier im Bundeshaus wissen heute besser, wer wir sind und was wir wollen. Der Kontakt zu den Kantonen wurde stark intensiviert, ebenso derjenige zum Bundesamt für Umwelt, zu den Bildungs- und Forschungsinstitutionen. Ich würde mich aber hüten, zu sagen, nun sei alles erledigt und gut geraten. Die Arbeit geht weiter. Verbandsintern wurde die Organisation gestärkt. Im Zentralvorstand war dies nicht nötig, denn dieser verfügt mit Persönlichkeiten aus allen Regionen der Schweiz über viel Fachwissen und leistet hervorragende Arbeit. Auf der Geschäftsstelle gab es diverse Wechsel. Dies ist immer mit dem Verlust von Know-how verbunden. Ich bin aber überzeugt, dass wir sehr gute personelle Entscheide fällen konnten und organisatorisch auf einem guten Weg sind. 

 

Braucht es eine Organisation wie WaldSchweiz überhaupt?

Diese Frage habe ich mir nie gestellt. Aber selbstverständlich Ja. Ich bin überzeugt, dass es eine Organisation braucht, die sich für die Interessen der fast 250 000 Waldeigentümer einsetzt. Auch unsere Partner entlang der Wertschöpfungskette sowie die Behörden brauchen einen Ansprechpartner. 

 

Wofür stand WaldSchweiz bei der Gründung, und wofür steht der Verband heute? Welchen Auftrag gibt die Geschichte WaldSchweiz?

Glücklicherweise bin ich nicht so alt, dass ich genau wüsste, was 1921 die Kernaufgabe unserer Organisation war (lacht). Was ich weiss: Nach dem Ersten Weltkrieg gab es viele Verbandsgründungen. Nach vier Jahren Krieg und Wirtschaftskrise galt es, wirtschaftliche Interessen zu bündeln. So auch mit einer Forstlichen Zentralstelle der Schweiz, der Vorgängerin von WaldSchweiz. Im Kern haben sich die wichtigsten Fragestellungen in den letzten 100 Jahren nicht geändert. Noch heute ist der Waldeigentümer gefordert, den Wald möglichst effizient zu bewirtschaften. Der Holzmarkt und die Wissensvermittlung bleiben zentrale Themen. Das Bedürfnis, den Verband noch mindestens 100 Jahre weiterzuentwickeln und zu pflegen, ist daher gegeben. 

 

Was hat die Schweizer Waldeigentümerinnen und Waldeigentümer seit 2017 am meisten beschäftigt, welches waren die prägenden Ereignisse?

Wenn ich zurückblicke, muss ich selbstkritisch sagen, dass ich am Anfang klimatische Veränderungen und Schadensereignisse zu locker gesehen hatte. Ich sagte jeweils: «So schnell fällt der Wald nicht um, wir Menschen sind anfälliger auf Umwelteinflüsse.» Diese Grundhaltung habe ich heute noch, aber mit den rekordtrockenen Sommern und dem starken Borkenkäferbefall als Folge der Trockenheit wurden der Wald und wir Waldeigentümer gefordert. Wir müssen uns an die veränderte Situation anpassen. Das zweite «Ereignis» war die Klimadebatte. Mit dieser wuchs in weiten Teilen der Gesellschaft die Erkenntnis, dass ein bewirtschafteter Wald die bessere Klimaleistung erbringt. Und schliesslich haben die tiefen Holzpreise und eine stagnierende Nutzung von Schweizer Holz die Debatte um den Wald geprägt. Dank aktivem Engagement und aufgrund von Engpässen im internationalen Holzmarkt erleben wir aktuell hoffentlich eine nachhaltige Trendwende. 

 

Sie haben im Parlament zwei wichtige Anliegen der Waldeigentümer eingebracht: zuerst die Motion Fässler, die zusätzliche Bundesmittel von 100 Mio. Franken für 
den Schweizer Wald auslöst, und dann 
die Parlamentarische Initiative «Preisempfehlungen auch für Holz aus Schweizer ­Wäldern». Zuerst zur Motion: Wie zufrieden sind Sie mit der Umsetzung? 

Sehr! Es gibt kaum eine Motion, die so rasch umgesetzt worden ist. Dies ist den Kantonen und dem Bundesamt für Umwelt zu verdanken, aber auch der Hartnäckigkeit von WaldSchweiz. Es hat sich gezeigt: Die Bedürfnisse für zusätzliche Massnahmen und finanzielle Mittel sind in den Kantonen vorhanden. Ich bin gespannt, ob die Ziele der Motion erreicht werden oder ob in einer nächsten Vierjahresperiode Justierungen vorgenommen werden müssen.

 

Mit Ihrer Parlamentarischen Initiative ­verlangen Sie, dass künftig Preisempfehlungen für Rohholz aus Schweizer Wäldern vereinbart und veröffentlicht werden können. Weshalb haben Sie diese 
Initiative lanciert?

In der Vergangenheit war es eine Selbstverständlichkeit, dass sich Waldeigentümer zur Frage ausgetauscht haben, welche Preise für die einzelnen Sortimente verlangt werden sollen. Es gab zudem einen Dialog mit den Sägern, um deren Bedürfnisse bei den Holzmengen und -sortimenten einzuholen. Die Eidgenössische Wettbewerbskommission meldete dann überraschend Bedenken an. Die Holzmarktkommission wurde daher aufgelöst, der Dialog ausgesetzt. Als Folge davon können heute nur noch historische Holzpreise veröffentlicht werden. Preisempfehlungen können nicht mehr abgegeben werden. Das soll sich wieder ändern, diesmal auf der Basis einer gesetzliche Grundlage. 

 

Wie verläuft der Prozess im Parlament? Was sagen die kritischen Stimmen?

Die beiden vorberatenden Kommissionen von Ständerat und Nationalrat haben meine Initiative im Rahmen der Vorprüfung einstimmig unterstützt. Dies ist ein starkes Signal und kommt selten vor. Kritische Fragen konnten offenbar gut beantwortet werden. Nun hat die Kommission des Ständerates den Auftrag, einen konkreten Gesetzesentwurf auszuarbeiten.

Wichtige Anliegen des Waldes sind also im Parlament adressiert. Gibt es weitere Herausforderungen?

Wenn wir noch zwei Stunden Zeit hätten, könnte ich noch viele Herausforderungen aufzählen (lacht). Wichtig ist, dass Politik und Verwaltung die Waldeigentümerinnen und Waldeigentümer wahrnehmen und deren Forderungen und Interessen kennen. Das haben wir Stand heute erreicht. Auch die Waldeigentümerinnen und Waldeigentümer müssen spüren, dass es einen Verband mit einem Präsidenten gibt, der sich für sie einsetzt und Erfolge erzielt. So kann Vertrauen geschaffen und der Glaube an eine erfolgreiche Zukunft gestärkt werden.

 

Der Wald gewinnt an Bedeutung. Dies zeigt unter anderem die Anzahl parlamentarischer Vorstösse, die in National- und Ständerat hängig sind. Sind sich die Akteure einig, wo die Reise hingehen soll?

In den letzten Monaten sind tatsächlich aussergewöhnlich viele Vorstösse zum Thema Wald eingereicht worden. Dahinter steht offenbar immer ein echtes Interesse am Wald. Gleichzeitig ist es ein Hinweis darauf, dass der Wald in der Gesellschaft an Bedeutung gewonnen hat. Holz aus dem Schweizer Wald geniesst keinen Grenzschutz. Gesetzliche Vorgaben und das schweizerische Lohnniveau verteuern die Bereitstellung von Rohholz. So lange der internationale Transport günstig bleibt und osteuropäische Länder nach weniger strengen Kriterien Holz ernten können, stehen wir in voller Konkurrenz zu importierten Holzprodukten. Das ist eine Realität, der wir uns stellen müssen. Als Reaktion darauf müssten wir die Effizienz in der Waldbewirtschaftung weiter steigern. Hoffnung gibt mir die spürbare Rückbesinnung auf die Vorteile lokal oder regional bereitgestellter Rohstoffe. Es muss daher gelingen, dass die Sägereien ihre Kapazitäten wieder ausbauen und mehr Holz aus den Schweizer Wäldern verarbeiten können. Hier ist auch die Politik gefordert. Das zentrale Ziel ist und bleibt: Der Schweizer Wald muss wieder stärker genutzt werden. Es kann doch nicht sein, dass wir in der Schweiz einen Rohstoff besitzen, der nachhaltig nutzbar ist, und wir gerade einmal die Hälfte davon nutzen.

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