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Wer zielgruppengerechte Angebote schafft, erreicht automatisch ein grösseres Publikum.

Verband & Politik | ZeitschriftenLesezeit 3 min.

Marketing hilft auch im Wald, um an neue Gelder zu kommen

Wie fördere ich das Verständnis für die Arbeit im Wald bei der Bevölkerung? Wie mache ich auf meine Produkte aufmerksam? Wie komme ich zu Mitarbeitern und genügend finanziellen Mitteln? Hier einige Taktiken aus dem Forst, um erfolgreich ans Ziel zu kommen.

Sarah Sidler unter Mitwirkung von Joanna Wierig und Dominik Brantschen| Wälder und Forstunternehmen liefern so viel mehr als Holz. Um über ihre Produkte und Dienstleistungen zu informieren, ist ein differenziertes Marketing wichtig, sind sich auch Forstbetriebsleiter einig. Welche Taktiken diese dabei anwenden, ist von ihren Möglichkeiten und der Zielgruppe abhängig, die angesprochen werden soll. Ein Mix aus Offline- und Online-Taktiken ist dabei sinnvoll. Einerseits dienen Tafeln oder Führungen der Bekanntmachung, andererseits Websites und Social-Media-Kanäle. 

Für eine erfolgreiche Marketingstrategie sollten beispielsweise folgende Fragen beantwortet sein: Über welche zeitlichen, personellen sowie finanziellen Ressourcen verfügt mein Betrieb? Was verlangt der Markt? Was will ich anbieten? Welchen Wert haben meine Produkte? Und wen will ich mit meinen Produkten ansprechen?  

Christian Becker, Betriebsleiter und Förster HF vom Forstrevier Angenstein in Aesch (BL), hat sich vertieft mit dieser Thematik auseinandergesetzt. «Marketing ist ein wichtiges Instrument sowohl für Waldbesitzer als auch für Forstbetriebsleiter», sagt er. Um dieses gewinnbringend einzusetzen, müsse jedoch erst klar sein, über wie viel Wert der jeweilige Wald und die daraus entstehenden Produkte verfügten. 

Um Produkte und Waldleistungen seines 1300 Hektaren grossen Forstreviers Angenstein in Wert zu setzen, hat Christian Becker mit dem Waldeigentümerverband beider Basel einen Leistungskatalog erstellt. Die Leistungen sind in Gruppen zusammengefasst und gliedern sich in Strassen und Wege, Erholungsin-
frastruktur, besondere Objekte, Gewässer, Waldbau, Naturschutz, Holzproduktion, Mindererlöse sowie Öffentlichkeitsarbeit. Diese Gruppen sind detailliert erfasst und pro Leistung in Wert gesetzt. Als Beispiel: Bei der Gruppe Strassen und Wege werden neben den Kosten für den periodischen Unterhalt pro Laufmeter auch für das Laubblasen oder das Spülen der Durchlässe die Kosten definiert. Dieser Leistungskatalog verhilft also dazu, auch Arbeiten, welche bisher oft als selbstverständlich angeschaut worden sind, abzugelten. «Aktuell werden für die Leistungen unseres Waldes und unsere Dienstleistung zu wenig Beiträge von Bund und Kanton gesprochen», findet Christian Becker. Die nationale Politik sei sich nicht einig, welche Leistungen vom Wald gewünscht werden. Diesbezüglich sei die Landwirtschaft viel weiter: «Weil der Bauernverband die Leistungen der Bauern definiert hat, erhalten diese rund 52-mal mehr Beiträge als die Förster», sagt er. 

Forstbetriebe sind KMU

Der Waldbesitzer muss sich überlegen, wie er zu neuen Geldern kommt. «Wir müssen uns den Veränderungen anpassen. Wenn wir das Potenzial unseres Waldes sowie seine Nutzergruppen kennen, können wir Produkte anbieten, welche gefragt sind», sagt Christian Becker. Möchten einzelne Nutzergruppen mehr Reitwege, Bike Trails oder Naturschutzprojekte? Dann sollen diese dafür bezahlen. Ein Forstbetrieb sei ein KMU und sollte dementsprechend funktionieren. «Klar, wir sind keine professionellen Verkäufer, doch wir haben gute Argumente wie etwa Sicherheit, Umweltschutz sowie die Veränderungen und Kosten im Zusammenhang mit dem Klimawandel», führt er aus. Seitdem der Leistungskatalog des Forstreviers Angenstein steht, kann der Baselbieter Betriebsleiter zudem die Leistungen des Waldes und des Forstbetriebes einfacher über die Bürger- oder Ortsgemeinden abrechnen. «Wir befinden uns in der glücklichen Lage, dass unsere Bürger- und Ortsgemeinden gewillt und finanziell in der Lage sind, die Leistungen des Waldes abzugelten.» So werden etwa die Adventsbäume für die Gemeinden gesponsert und die Kosten dem Forstbetrieb gutgeschrieben. Kosten für Verpflegungen und Aufwendungen, welche nach Waldbegehungen oder Waldeinsätzen entstehen, werden dem Forstbetrieb dank des Leistungskatalogs vergütet. 

Finanzielle Mittel für den Wald der Zukunft

«Plötzlich sind Informationen an die Bevölkerung wichtig. Die Einwohner- und Bürgergemeinden als Beitragszahler des Leistungskataloges verlangen regelmässige Berichte aus dem Wald via Web, Bürgerzeitung oder etwa Waldbegehungen.» So lernt die Bevölkerung die Arbeiten des Forstbetriebes schätzen und ist eher bereit, diese zu bezahlen. Mit dieser Taktik fördert Christian Becker Verständnis für seine Anliegen und pflegt den Kontakt zu Entscheidungsträgern. «Um den Wald fit für den Klimawandel zu machen, benötigen wir zusätzliche finanzielle Mittel. Mit 50 Franken pro Einwohner könnten wir den Wald stärken für die Zukunft.» Um diese aufzutreiben sei jedoch die Politik gefragt. «Waldbesitzer und Forstbetriebe müssen sich überlegen, wie sie in 20 Jahren aufgestellt sein wollen», sagt Christian Becker.   

Absatz erhöhen, um Mitarbeiter zu halten

Um den Forstbetrieb Forst Aletsch zu professionalisieren, investierte Betriebsleiter Peter Aschilier vor fünf Jahren einen grösseren Betrag in die Überarbeitung des Marketingkonzepts. Ziel war einerseits eine Erhöhung des Verständnisses in der Bevölkerung für den Wald sowie dessen Funktionen und andererseits die Schaffung von Ganzjahresstellen. Dies bedeutete, den Umsatz bei den Nebenprodukten deutlich zu steigern. Im Zuge dessen wurde die Website erneuert. Darauf finden sich nun nebst den Dienstleistungen die verschiedenen Angebote des Forstbetriebs aufgelistet. Interessierte finden darauf Holzprodukte wie Zäune, Lärchenholzschindeln, Blumen- und Brunnentröge, aber auch Angebote für grös-
sere Projekte wie Seilparks und Spielplätze übersichtlich präsentiert. Zudem ist ein Webshop in der Website integriert.  

Die professionellere Vermarktung der Produkte führte dazu, dass der Forstbetrieb seine aktuell zwölf Mitarbeitenden nun ganzjährig beschäftigen kann. Zudem wurden durch eine Umstrukturierung des Betriebes einige Angestellte zu Bereichsleitern befördert, um ihnen mehr Verantwortung zu übertragen. Das wird geschätzt und zeichnet sich als Pluspunkt für den Betrieb zu Zeiten des Fachkräftemangels aus. Doch Forst Aletsch setzt auch auf die Mithilfe der einheimischen Bevölkerung. So helfen rund 20 Freelancer regelmässig im Wald mit, etwa beim Anbringen des Verbissschutzes, beim Auslegen von Samen und beim Pflanzen von Bäumen. In seinem Baumpatenschaft-Projekt arbeitet der Forstbetrieb eng mit dem Tourismus zusammen, um Menschen aus allen Teilen der Schweiz und aus Deutschland in die Aletschregion zu bringen. 

«Öffentlichkeitsarbeit ist wichtig, weil der Wald für alle wertvolle Leistungen erbringt», sagt der Betriebsleiter. Forst Aletsch informiert deshalb periodisch über seine Website, das Publikationsorgan Wald INFO, Facebook, Instagram und neu über einen Newsletter. Auf den Social-Media-Kanälen gelte es, regelmässig Beiträge mit gutem Bildmaterial zu veröffentlichen. Peter Aschilier betont zudem, dass all diese Marketing-Massnahmen nur fruchten, wenn sie intern getragen und mit kleinstmöglichen Schritten fortlaufend umgesetzt werden.

Mittels YouTube zu Nachwuchs

Auch die Bayerischen Staatsforsten haben in den letzten Jahren ihre bestehenden analogen Kommunikationskanäle intensiv durch digitale Massnahmen erweitert. «Nur mit unseren Social-Media-Auftritten auf Instagram, Facebook, LinkedIn und zwei YouTube-Kanälen sind wir in der Lage, eine so grosse Menge an Menschen zu erreichen», sagt eine Sprecherin der Bayerischen Staatsforsten

Neben zahlreichen Erklärvideos sticht die YouTube-Serie «Forstwirte im Einsatz» besonders ins Auge. Diese öffnete zwischen 2019 und 2022 ein Fenster in den Alltag von Auszubildenden. «Die Zahlen sprechen für sich», so die Sprecherin. Der Erfolg habe klargemacht, dass es sich lohnt, weiterhin Einblicke in die Waldarbeit zu zeigen. So fand die erste Serie mit «Naturtalenten» eine Fortsetzung, wo erst zwei und heute vier weitere Bundesländer involviert sind. Waldexperten präsentieren den Zuschauern darin neben ihren Tätigkeiten den aktuellen Waldzustand. Diese Serien heben nicht nur das Berufsbild hervor, sondern dienen den Bayerischen Staatsforsten als effektives Mittel zur Nachwuchsgewinnung. «Der Erfolg solcher YouTube-Serien hängt von mehreren Faktoren ab: einer Social-Media-Strategie, authentischen wie ehrlichen Inhalten und der ständigen Weiterentwicklung der eigenen Formate und Kanäle», so die Sprecherin der Bayerischen Staatsforsten.

Video als wertvolles Argumentarium

YouTube-Videos erweisen sich als geeignetes Medium, um komplexe Themen rund um den Wald visuell zu vermitteln und auf diese Weise einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Ein gutes Beispiel dafür ist die Kooperation zwischen Schweizer Holz und WaldSchweiz. Gemeinsam verfolgten sie den Weg des Holzes vom lokalen Wald bis zur Frauenfelder Schlossbadi. Über diese Videos können Interessierte die Entstehungsgeschichte der Schlossbadi aus Frauenfelder Holz aus unterschiedlichen Perspektiven miterleben – vom Bauherrn über den Waldeigentümer und Förster bis hin zum Säger und Holzbauer. 

Diese Einblicke in die verschiedenen Etappen der Wertschöpfungskette zielen darauf ab, dass Zuschauer realisieren, dass der Wald nicht nur als Rohstofflieferant fungiert, sondern durch die nachhaltige Bewirtschaftung seine vielfältigen Leistungen für die Gesellschaft erbringt. 

Weiter mit den guten alten Medien arbeitet Hans Beereuter, Leiter der Forstverwaltung in Buch am Irchel (ZH). Er handelt nach dem Motto «Tu Gutes und sprich darüber».  Immer wieder berichtet er in den Lokalzeitungen über spezielle Begebenheiten und Aktionen aus dem Wald. Dafür sei ein guter Draht zu den Medien unabdingbar. «Öffentlichkeitsarbeit ist Aufbauarbeit, oft über Jahrzehnte», weiss Hans Beereuter. Kommunikation werde immer wichtiger. «Die Zeit, wo die Förster bei Fragen aus der Bevölkerung einfach mit der Schulter zuckten, ist definitiv vorbei.» Der 62-Jährige sucht vor allem aber den persönlichen Kontakt zur Bevölkerung, um auf den Wald und seine Dienstleistungen aufmerksam zu machen. Während der Pandemie liess er Waldbesucher Eicheln sammeln, um diese später in vom Borkenkäfer zerstörten Waldgebieten zu säen. Es wurden 1000 Kilogramm Eicheln gesammelt, um damit mehrere Hektaren zu bestücken. Zudem entstanden aus der Aktion Waldpatenschaften. «Kleine Flächen werden nun von Vereinen und Gruppen gepflegt, damit diese sehen, wie sich der Wald entwickelt.» 

Um mit einer wichtigen Nutzergruppe seines Gebiets, den Bikern, in Kontakt zu treten, hat er 2019 eine «Borkenkäfer-
Bike-Tour» ins Leben gerufen. Über lokale Freunde wurde dieser Anlass in der Szene verbreitet. Durch diese Taktik erreichte er rund 70 Velofahrer und konnte diese nebenbei auf die Problematik illegaler Trails aufmerksam machen. «Ein durchschlagender Erfolg», sagt Hans Beereuter rückblickend. Er habe niemals mit so vielen Teilnehmern gerechnet. Seine Strategie, das Angebot dem Zielpublikum anzupassen, habe gefruchtet. 

«Auch aus dieser Aktion ergaben sich wertvolle Kontakte. Ein Teil dieser Gruppe hilft uns heute noch, Jungwald zu pflegen.» Ziel dieser Aktionen sei, das gegenseitige Verständnis aller sich im Wald bewegenden Nutzer zu fördern und die Leistungen des Waldes sowie des Forstbetriebs der Öffentlichkeit bekannt zu machen. «Die Landschaft wird sich wandeln. Wir müssen die Bevölkerung auf diese Reise mitnehmen», ist Hans Beereuter überzeugt. 

Dies macht Georg von Graefe, Stadtoberförster von Baden (AG). «Wir nutzen den Dialog mit der Bevölkerung, um die Leistungen des Waldes aufzuzeigen. Dazu gehört neben der Holz- und Erholungsnutzung gleichbedeutend der Naturschutz», sagt der Leiter des Stadtforstamts. «Kommunikation ist wichtig und erleichtert unsere Arbeit, da die Waldbesucherinnen und -besucher die Vielfalt und die Gewichtung der Waldarbeiten nachvollziehen können.» Er ist der Meinung, dass Forstbetriebe
ihre Leistungen aufzeigen sollten, dies rechtfertige unter anderem den Bezug
öffentlicher Gelder.

Sponsoren, um Naturschutz aufzuzeigen

Das Stadtforstamt erbringt etliche Naturschutzleistungen, die von der Allgemeinheit nicht abgegolten werden. «Wir haben deshalb ein Ökosponsorenprogramm mit momentan sieben Sponsoren, welche verschiedene Waldleistungen unterstützen. Mit einem Teil des gesponserten Betrags wird die Bevölkerung mittels QR-Codes auf Tafeln beispielsweise über den Wert von Habitatsbäumen, die Eichenförderung oder über neu gepflanzte klimafitte Bäume informiert.»
Die Info-Tafeln sind mit den Logos des
Sponsors versehen. Zum Sponsoring-Paket gehört das Angebot einer jährlichen Waldführung mit dem Stadtoberförster für
Mitarbeiter oder Kunden. Dabei gibt es
einen Einblick in die Ziele und Massnahmen des Firmen-Engagements.  

Die gesponserten Klimawaldinseln ermöglichen das Einbringen von klimafitten Baumarten für den zukünftigen Wald. «Durch das Setzen von Atlaszedern, Edelkastanien und Orientbuchen kürzen wir deren Migrationspfade ab. Wir setzen jetzt neue Samenbäume – für künftige Förster eine Art Versicherung», sagt Georg von Graefe. Wichtiger als der Geldbetrag sei aber die Möglichkeit, an den Anlässen bei verschiedensten Personen das Verständnis für den Wald zu fördern. «An diesen Anlässen kann ich mit allen reden: vom Unternehmensleiter bis zur Politikerin, vom Softwareingenieur bis zur Lastwagenfahrerin.» Es ist daher wenig erstaunlich, herrscht in
Baden auch politisch eine wohlwollende Waldgesinnung vor.

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